Orgel-Umsetzung

In den letzten Jahren wurden immer mehr Kirchen geschlossen. Die Gebäude werden entweder anderweitig verwendet oder ganz aufgegeben. Somit stehen Orgel-Instrumente, mitunter auch jüngeren Baudatums und somit gut erhalten, als Alternative zu einem aufwendigen Orgelneubau zur Verfügung. Es werden hier zwei verschiedene Varianten erfolgreich ausgeführter Arbeiten vorgestellt.

 

Katholische Kirche, Von der Verklärung des Herrn, in Berlin-Marzahn

Walcker-Orgel von 1969 mit 2 Manualen/Pedal von Maintal-Bischofsheim nach Berlin

 

Im Rahmen der Umsetzung dieser Orgel waren Instandsetzungsarbeiten am Instrument selbst sowie Anpassungsmaßnahmen an die Gegebenheiten des neuen Standorts notwendig. Zusätzlich wurden nicht berechnete Arbeiten ausgeführt, die dieses Instrument zu einer konzertfähigen Orgel haben werden lassen. Siehe Link zur Kirchengemeinde / Kirchenmusik.

 

Original-Disposition von Walcker 1969 mit 18 Register

 

I. Manual (Hauptwerk) II. Manual (Schwellwerk) Pedal
1.) Prinzipal 8 8.) Rohrpommer 8 14.) Subbaß 16
2.) Metallgedeckt 8 9.) Prinzipal 4 15.) Oktavbaß 8
3.) Oktave 4 10.) Koppelflöte 4 16.) Rohrgedackt 8
4.) Nasat 2 2/3 11.) Prinzipal 2 17.) Gemshorn 4
5.) Nachthorn 2 12.) Gemsquinte 1 1/3 18.) Schwiegel 2
6.) Terz 1 3/5 13.) Scharff 4-5fach 1
7.) Mixtur 4fach 2 – Tremulant –
– Tremulant –

 

Disposition von 1999 nach der Umsetzung mit 20 Register

 

I. Manual (Hauptwerk) II. Manual (Schwellwerk) Pedal
1.) Bourdon 16* 8.) Bourdon 8 16.) Subbaß 16
2.) Prinzipal 8 9.) Prinzipal 4 17.) Oktavbaß 8
3.) Gedeckt 8 10.) Koppelflöte 4 18.) Gedacktbaß 8
4.) Octave 4 11.) Sesquialter 2f. 2 2/3 19.) Gemshorn 4
5.) Superoktave 2 12.) Nachthorn 2 20.) Posaune 16*
6.) Mixtur 4fach 2 13.) Quinte 1 1/3
7.) Trompete 8* 14.) Scharff 4-5fach 1
– Tremulant – 15.) Oboe 8*
– Tremulant –

 

3 Normalkoppeln, mit * gekennzeichnet sind Register aus Lagerbestand Kircher

 

Ab 2010 wurden weitere Modifizierungen am Instrument vorgenommen:

 

Der von Walcker aus Schichtholz üblich gebaute Subbaß 16′ wurde ausgebaut und durch neue Subbaß Holzpfeifen aus massivem Fichte/Tannen-Holz ersetzt. Dabei wurden die Mensuren (Querschnitte der Pfeifenmaße) erweitert. Dieses Register ist auf der rechten Seite der Orgel sichtbar, und die Pfeifen sprechen in den Kirchenraum. Die ersten zwölf Töne erhielten, mittels einer neu gefertigten pneumatischen Kegel-Lade, eigene Windversorgung und sind damit von der Schleiflade abgekoppelt, was zur stabileren Windversorgung führte. Beim Spielen von Groß C und groß G ist der Effekt des sog. Differenztons eines 32-Fuß jetzt deutlich wahrnehmbar und spürbar.

 

Im Jahr 2012 wurden die alten Walcker’schen Registerzugknöpfe samt Zugstangen ausgebaut und durch neue – jetzt handgedrechselt aus Palisander mit neuen Schildchen versehen – ersetzt.

 

Dabei wurden auf der rechten Seite drei neue Züge zusätzlich integriert für Gamba 8, Voix céleste 8 und Subkoppel II/II 16.

 

2014 wurde nun die mechanische Subkoppel (nur auf dem II. Manual wirkend) eingebaut sowie eine neue Pedalklaviatur in massivem Eichenholz mit Ebenholzauflagen für die Obertasten, und noch eine neue höhenverstellbare Orgelbank ebenfalls aus massivem Eichenholz geliefert.

Der Arbeitsplatz des Organisten hat nun durch diese Maßnahmen deutlich an Aufwertung erfahren.

 

Im Sommer 2016 erfolgte in einer letztmöglichen klanglichen Erweiterungsmaßnahme der Einbau von Gamba 8, und Voix céleste 8 ab c° im Schwellwerk mit verdoppeltem Schwellwerk-Gehäuse-Volumen, Verbesserung der Zugänglichkeit ans Pfeifenwerk und Neufertigung der Jalousien in 2 Reihen samt neuer Schweller-Mechanik. Einbau einer neuen Mixtur 4-5 fach auf 2-Fuß-Basis. Im Pedal Austausch des jetzigen konischen Registers Gemshorn 4, zu neuem Register Choralbaß 4 in zylindrischer Bauform.

 

Disposition nach Erweiterung auf 22 Register

 

I. Manual (Hauptwerk) II. Manual (Schwellwerk) Pedal
1.) Bourdon 16* 8.) Gamba 8# 18.) Subbaß (Neu 2010) 16
2.) Prinzipal 8 9.) Voix céleste ab c° 8# 19.) Octavbaß 8
3.) Gedeckt 8 10.) Bourdon 8 20.) Gedacktbaß 8
4.) Octave 4 11.) Prinzipal 4 21.) Choralbaß 4#
5.) Superoktave 2 12.) Koppelflöte 4 22.) Posaune 16*
6.) Mixtur 4fach 2 13.) Sesquialter 2f. 2 2/3
7.) Trompete 8* 14.) Nachthorn 2
– Tremulant – 15.) Quinte 1 1/3
16.) Mixtur 4-5 fach 2#
17.) Oboe 8*
– Tremulant –

 

3 Normalkoppeln, Subkoppel II/II 16, mit * gekennzeichnet = Lagerbestand Kircher 1999, mit # gekennzeichnet = neue Register aus Zinn

 

Vergleicht man die Original-Disposition von 1969 zu heute, stellt man fest, wie aus einer Orgel mit neobarocker Disposition, nun ein Instrument mit französisch orientiertem Schwellwerk geworden ist. Das Instrument ist für die katholische Liturgie musikalisch vielfältig einsetzbar und bereichert das Konzertleben in und um Berlin.

 

Link zur Kirchengemeinde

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Ein Orgelbau mit Umsetzung der besonderen Art

Vom Bodensee an die Ostsee

Eine weitere Variante – wie man preiswert an eine „neue Orgel“ gelangt – ist, aus vorhandenen Orgelteilen etwas Neues zu machen.
Ein erfolgreiches Beispiel ist hier unser Orgelbau für die kath. Kirche St. Marien in Barth / Ostsee.

 

Mitte der 1990er Jahre erhielt die kath. Kirche in Andelshofen/ Bodensee eine neue Orgel.
Das alte Instrument (Baujahr um 1947) hatte rein pneumatische Kegelladen mit 12 labialen Registern auf 2 Manualen und Pedal.

 

Nach Abbau lagerte das Instrument zunächst eine Zeit lang in Kisten und Kartons ein. 1995 kam die Anfrage aus Barth ein adäquates Instrument für die kath. Kirchengemeinde St. Marien zu beschaffen.

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Alte Orgel Andelshofen (BJ 1947), Aufnahme 1993/1994.

Damit war dann die Grundlage für den späteren Orgelbau entstanden. Wegen der neuen baulichen, architektonischen und klanglichen Gegebenheiten in Barth war klar, die alte Orgel aus Andelshofen kann so nicht wieder aufgebaut werden. Man hat sich für ein neues Konzept im Rahmen der vorhandenen wiederverwertbaren Orgelteile entschieden. Neben der Neugestaltung des Prospekts (Gesicht der Orgel) und neuerer Technik, wurde das II. Manual als Schwellwerk konzipiert. Aus der alten Orgel wurden lediglich das Tragewerk der Windladen, die drei Windladen selbst, Magazinbalg, Holzpfeifen und die Zinnpfeifen (nach gründlicher Reinigung und Überarbeitung aller Orgelteile) wieder verwendet. Die pneumatischen Zustrom-Leitungen (Bleirohre) wurden gänzlich entfernt und stattdessen, direkt unter die Windladen, neue Elektromagnete gesetzt. Somit wurde aus einer rein pneumatischen Orgel nun ein elektro-pneumatisches Instrument, was zu einer deutlich präziseren Spielart führte. Folglich war ein elektrischer Spieltisch erforderlich, den wir auch auf Lager hatten. Investiert wurde in ein neues Orgelgebläse. Beibehalten wurde auch der Schöpfbalg samt dem an der linken Seite befindlichen Tritthebel aus massivem Eichenholz.

 

Es wurde dann überlegt welche Register auf den vorhandenen Laden neu besetzt werden.
Das Pedalwerk wurde um ein Drittes Register (Posaune 16) mit Kegel-Einzel-Lade erweitert.

 

Die Disposition ist seit 1995 nun folgende

I. Manual (Hauptwerk) II. Manual (Schwellwerk) Pedal
1.) Prinzipal (Prospekt neu 75% Zinn) 8 6.) Salizional 8 14.) Subbaß 16
2.) Rohrflöte 8 7.) Gedackt 8 15.) Oktavbaß 8
3.) Octave 4 8.) Blockflöte 4 13.) Posaune (neu von 1970) 16
4.) Mixtur 4fach (modifiziert) 2 9.) Sesqiualter 2fach
ab groß C (neu aus Lagerb.)
2 2/3
5.) Trompete (neu von 1970) 8 10.) Waldflöte 2

Tremulant auf beide Manualwerke wirkend

 

Das Gehäuse wurde, in gotischer Bauart, neu in massivem Fichte/ Tannenholz in Rahmenfüllung-Bauweise und in den drei Grundfarben der Kirche (Grün, Rot und Gold) farblich neu gefasst. Die Goldfassung an den fünf Schleierbrettern und oberen Gehäusefriesen ist keine Farbe sondern hochwertiges Blattgold, durch eine Heidelberger Restauratorin im klassischen Verfahren aufwändig belegt.

 

Wegen der Pedal-Erweiterung wurde das Gehäuse um 35 cm tiefer. Um die Proportionen wieder auszugleichen, wurden die betreffenden 35 cm als abnehmbare Schattenfuge (Zugang zur Posaune 16) zur Kirchenwand gestaltet. Auch der Spieltisch wurde in den Farben der Orgel gefasst und erhielt ein durchsichtiges Notenpult aus Acrylglas, damit der neue Orgelprospekt durchgehend vom Kirchenraum aus sichtbar bleibt.

 

Die 31 neuen Zinnpfeifen des Principal 8 fügen sich wunderbar in das neue Fünf-Felder-Gehäuse ein und sorgen für ein harmonisches ruhiges Bild.

 

Die bewegende Orgelweihe ist bis heute in guter Erinnerung. Dr. Neithard Bethke, der frühere Domorganist aus Ratzeburg, spielte das Konzert zur Orgelweihe.

 

Ein großer Teil der alten Orgel aus Andelshofen am Bodensee lebt am anderen Ende der Republik gut 1000 km entfernt an der Ostsee weiter.

Seit der Orgelweihe 1996 bis heute, also 20 Jahre, spielt die Orgel zuverlässig ohne jegliche technische Störung.

 

Link zur Kirchengemeinde

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